Folgende Schwerpunkte standen bei der Entwicklung von FreeBite Therapiekissen im Vordergrund:
Kiefergelenke können am effektivsten entlastet werden, wenn der Unterkiefer im Biss möglichst gelenknah abgestützt wird. Entgegen einer verbreiteten Meinung ist eine beidseitige Distraktion der Kiefergelenke durch ein Hypermochlion im Bereich des ersten oder zweiten Molaren mechanisch unmöglich, da der Zugvektor der Elevatoren (M. masseter und M. pterygoideus medialis) hierfür davor ansetzen müsste, was anatomisch aber nicht der Fall ist. Dennoch werden die Kiefergelenke auch aus mechanischer Sicht umso besser entlastet, je weiter dorsal die Kraft der Elevatoren durch Zähne abgestützt wird.
Bei diesen Betrachtungen wird jedoch die Rolle der Kaumuskulatur bei der Kompression von Kiefergelenken ignoriert. Am Unterkiefer setzen die antagonistischen Elevatoren und Depressoren nicht einander gegenüber an. Vielmehr ziehen die Depressoren den Unterkiefer im Bereich der Symphyse nach schräg retral und kaudal, die Elevatoren jedoch die Kieferwinkel nach schräg superior und anterior. Wenn bei einer Verspannung der Kaumuskulatur diese Antagonisten gegeneinander spannen, so resultiert hier eine kompressive Kraft auf die Kiefergelenke und chronische Verspannungen verursachen chronische Kompression dieser Gelenke.
Meist sind diese chronischen Verspannungen nötig, um posteriore Zähne trotz Infraokklusion in Kontakt zu setzen. Selbst eine minimale Lockerung der Kaumuskulatur durch einige Bewegungen des Unterkiefers ohne Zahnkontakt führt in diesen Fällen oft bereits dazu, dass im Anschluss eine lockere Schließbewegung auf einen Erstkontakt auf den Frontzähnen trifft. Dies löst Reflexe aus, die Muskeln anspannen, welche die Kiefergelenke nach retral und kranial komprimieren, wodurch dieser Erstkontakt vermieden wird und Molaren kontaktieren.
Die Keilform des FreeBite kehrt diesen Reflex nun um, indem sie einen Erstkontakt auf den Molaren sicherstellt, wodurch die beschriebene Reflexkette unterbrochen wird. Statt Bisskissen in vielen Längen und Breiten anzubieten, wie dies z. B. bei Schuhen üblich ist, wird dies beim FreeBite mit einer Größe erreicht, die jedoch nicht fest auf den Zähnen verankert ist, sondern frei verschiebbar aufliegt. Die Form des FreeBites, die aus der Vermessung ungezählter Abdrucklöffel und Patientenmodelle errechnet wurde, ermöglicht so im Zusammenspiel mit seiner Keilform und asymmetrisch geneigten Ober- und Unterseite, dass ihn Patienten mit ganz unterschiedlichen Zahnbogenformen so zurecht schieben können, dass die posterioren Zähne darauf bestmöglich kontaktieren.
Aqualizer® kommen nicht selten recht unspezifisch und ohne detaillierte Instruktionen zur Anwendung. FreeBites entfalten durch ihre spezifische Form ihre Wirkung oft wesentlich stärker und schneller, da sie tiefer in Muskelreflexe eingreifen. Daher sind hier besonders am Anfang detaillierte Instruktionen wichtiger, als beim Aqualizer®. Den Unterschieden zwischen Aqualizer® und FreeBite im Detail ist im Bite Blog eine eigene Seite gewidmet.
Dabei geht es weniger darum, dass FreeBites bereits nach kurzer Tragedauer versagen, weil z. B. eine Schweißnaht aufgeht, denn sie sind relativ robust und haben auch keine Schweißnaht. Eher geht es darum, dass sie durch eben die Formgebung, die ihre Wirksamkeit ausmacht, auch wesentlich stärker auf die Kaumuskulatur einwirken. Chronisch erschöpfte Kaumuskeln könnten diese Wirkung initial u. U. als als anstrengend empfinden, wenn der Einsatz von FreeBites unbedacht erfolgt, vor allem, wenn mit den Zähnen darauf gepresst wird. Daher werden Patienten instruiert, den Unterkiefer initial locker in Bewegung zu halten, indem man leicht mit den Zähnen auf den FreeBite tappt, oder auch leicht darauf kaut, und zwischendurch den Mund auch weit öffnet. Diese lockere Bewegung regt die Zirkulation in den beteiligten Muskeln an und steigert deren Versorgung mit Nähstoffen und Sauerstoff ebenso, wie den Abtransport von sauren Schlacken über die Lymphe. Dieser Effekt kann sehr ausgeprägt sein, wie EMG-Studien gezeigt haben.
Gleichzeitig vermeiden die Bewegungen, dass der Patient mit den Zähnen auf den FreeBite presst. Eine solche isometrische Kontraktion würde die verbesserte Zirkulation erneut blockieren und muss daher nach Möglichkeit vermieden werden. Erst wenn das Reflexsystem des Patienten sich an die Keilform gewöhnt hat, können FreeBite Therapiekissen auch über längere Zeiträume getragen werden, z. B. auch während der Nachtruhe, ohne dass der Patient dabei seinen Unterkiefer in Bewegung halten muss. Im Lauf dieser initialen Kaubewegungen kaut sich auch die zunächst manchmal als etwas hart empfundene Hülle ein und wird weicher.
Resilienztests zur Diagnose von Kompressionen in den Kiefergelenken lassen deren Fähigkeit außer acht, sich durch Formveränderungen („Remodeling“) an Fehlbelastungen anzupassen. Diagnostisch zuverlässiger ist es, die beteiligte Kaumuskulatur zu lockern und in der Folge auf Veränderungen von Zahnkontakten beim lockeren Schließen des Mundes zu achten. Prinzipiell steht zu erwarten, dass sich Erstkontakte nach anterior verlagern, wenn sich Kompressionen in den Kiefergelenken lösen.
Meist resultieren Blockaden in den Kiefergelenken aus deren chronischer Kompression. Dabei ebnen sich überlastete Randwülste am Diskus ein, bis er aus dem Gelenkspalt gedrückt werden kann. Kann er wegen eines zu hohen intraartikulären Drucks nicht reponieren, so blockiert er je nach Richtung seiner Verlagerung bestimmte Bewegungen des Unterkiefers.
Die prinzipielle Behandlungsstrategie ist hier die Dekompression der Kiefergelenke. Dies kann auf zwei Wegen erreicht werden:
Ersteres ist erreichbar durch Faszienmassage, Muskelmassage, TENS und spezifischen Übungen, speziell im Verbund mit Muscle Energy Techniken. All dies ist kompakt erklärt im Buch „Erste Hilfe bei CMD.
Dabei kann es besser sein, in mehreren kleinen Schritten vorzugehen, als zu versuchen, eine komplette Deblockierung in einer besonders intensiven Behandlungssitzung zu erzwingen. Folgende Dehnübung kann der Patient leicht auch selbst zuhause regelmäßig durchführen:
Spezifische Vorgehensweisen für die Bissnahme sind auch im Bite Blog unter „Bissnahme bei CMD“ beschrieben.